Jochen machte seine Leidenschaft für Games schon während seines Architekturstudiums an der Technischen Universität Wien zum Beruf. Seit 2005 ist er bei der ovos media GmbH zuständig für die Projektkonzeption und -umsetzung. Es gibt kein Spielprojekt von ovos, bei dem er nicht involviert ist – hat er doch die Spielproduktion von ovos mit aufgebaut und ovos play, die Lern-App von ovos, massgeblich mit konzipiert. Seit 2018 ist er darüber hinaus für Konzept und Produktstrategie von ovos play verantwortlich. Sie finden Jochen auf LinkedIn.
Experteninterview: So klappt Microlearning im Unternehmen
Datum
10. June 2025

Ein voller Terminkalender, fünfzehn offene Tabs, 200 ungelesene E-Mails und keine Zeit zum Lernen? Genau dafür gibt’s Microlearning: Es bietet Unternehmen eine smarte Antwort auf Zeitmangel und Wissensfluktuation. Doch was steckt wirklich dahinter und worauf kommt es bei der Umsetzung an?
Wir haben bei Jochen Kranzer nachgefragt. Er bringt über 15 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Lernspielen mit und hat bei ovos media GmbH die Spielproduktion entscheidend mit aufgebaut. Die Wiener Digitalagentur zeichnet sich durch langjährige Kompetenz im Gamedesign aus und setzt diese erfolgreich in verschiedenen Bereichen ein. Etwa in der Mediendidaktik und beim Aufbau interaktiver Lernumgebungen. Heute verantwortet Jochen die Produktstrategie von ovos play, einer vielfach eingesetzten Lern-App, die Microlearning mit Gamification und KI verbindet – und auch als easylearn play Unternehmen im betrieblichen Lernen unterstützt.
Was ist Microlearning?
Microlearning ist ein didaktisches Konzept, das Lerninhalte in kleine, abgeschlossene Einheiten zerlegt. Diese Learning-Nuggets dauern nur wenige Minuten und vermitteln jeweils eine klar abgegrenzte Information. Ziel ist es, Wissen gezielt, schnell und effizient zugänglich zu machen.
Dabei geht es nicht nur um Kürze, sondern auch um Fokus: Lernende konzentrieren sich auf eine Botschaft – ohne kognitive Überforderung. Gleichzeitig sorgt eine abwechslungsreiche Gestaltung dafür, dass Inhalte im Gedächtnis bleiben. Denn unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema erhöhen die Chance, dass etwas hängen bleibt.
Warum eignet sich Microlearning so gut für das betriebliche Lernen?
Gerade im Unternehmenskontext punktet Microlearning mit Flexibilität, denn die kurzen Lerneinheiten passen sich an den Arbeitsalltag an. Und Microlearning kann noch mehr:
• Niedrige Einstiegshürde: Fünf Minuten Lernen wirkt machbarer als ein dreistündiger Kurs.
• Wissen on demand: Digitale Nuggets sind dank Suchfunktionen oder Bots schnell auffindbar und eignen sich damit ideal für ein Wiki.
• Das wiederum entlastet Fachpersonen: Statt ein 500-seitiges PDF durchzublättern oder die interne Fachperson zu fragen, genügt ein gezielter Blick ins passende Nugget.
• Präsenztrainings aufwerten: Wenn Lernende das Basiswissen bereits digital erarbeitet haben, bleibt in der teuren Präsenzzeit mehr Raum für Fallbeispiele, Austausch oder praktische Übungen.
• Weniger Kosten, mehr Wirkung: Kürzere Trainingsformate reduzieren Präsenzzeiten, minimieren Ausfallzeiten und senken externe Schulungskosten.
• Langfristiger Lernerfolg: Quizfragen oder kurze Wiederholungen nach dem Training helfen, das Gelernte mit wenig Aufwand im Kopf zu verankern.
«Microlearning ist gekommen, um zu bleiben – als Teil eines grösseren Ganzen.»
Jochen Kranzer, Geschäftsführer von ovos media GmbH
Für welche Inhalte oder Themen eignet es sich besonders? Hat Microlearning vielleicht auch Grenzen?
Microlearning ist ideal für klar umrissene Inhalte wie Fachbegriffe, Abläufe oder Verhaltensregeln und wird daher oft in Bereichen wie Cybersecurity oder Compliance eingesetzt. Entscheidend ist aber weniger das Thema als vielmehr die Möglichkeit zur Strukturierung: Was sich modular aufbereiten lässt, passt gut ins Format.
Grenzen zeigen sich bei komplexen, zwischenmenschlichen oder strategischen Themen wie beispielsweise Führung, Kommunikation oder Change-Management. Hier braucht es vertiefte Reflexion und soziale Interaktion. Microlearning bereitet solche Themen gut vor oder ergänzt sie, ersetzt aber keine fundierte Auseinandersetzung. In diesen Fällen ist es Teil eines übergreifenden Konzepts, etwa im Blended Learning.
Braucht es bestimmte Voraussetzungen, damit Microlearning im Unternehmen funktioniert?
Wie bei allen Lernformen gilt auch hier: Ohne passende Rahmenbedingungen geht nichts. Microlearning entfaltet sein Potenzial nur, wenn strategische, kulturelle und technische Voraussetzungen gegeben sind. Dazu gehören:
• Offene Lernkultur
• Klare Lernziele
• Zeitliche Ressourcen
• Bereitschaft, Lernen als festen Bestandteil des Arbeitsalltags zu verankern, indem die Lernzeit aktiv unterstützt und kommuniziert wird
• Technische Infrastruktur, etwa durch mobile Endgeräte oder den Zugang zu einem Lernsystem.
Wie setzt ihr bei ovos Microlearning konkret um? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
Viele unserer Kundinnen und Kunden setzen Microlearning zusammen mit der Lern-App beim Pre- und Onboarding ein. Neue Mitarbeitende erhalten so schon vor dem ersten Arbeitstag auf spielerische Weise Zugang zu relevantem Know-how – ohne sie zu überfordern und bei Fragen reicht später ein Griff zum Smartphone. So macht das Onboarding Spass für beide Seiten Spass und das Unternehmen spart Ressourcen in der Einarbeitungszeit.
Microlearning funktioniert besonders gut in Blended-Learning-Konzepten als Unterrichtsvorbereitung oder -begleitung. Bei ovos play kombinieren wir Microlearning gezielt mit Gamification. Diese Kombi steigert die Lernmotivation deutlich. Auch bildungsfernere Gruppen oder Personen mit anderer Muttersprache profitieren, weil die kurzen Lernimpulse den Zugang zum Lernstoff vereinfachen.
Was sollten Unternehmen beachten, wenn sie Microlearning einführen – sowohl bei der Integration als auch bei der Erstellung einzelner Nuggets?
Damit Microlearning sein volles Potenzial entfaltet, braucht es mehr als nur kurze Inhalte. Entscheidend ist eine durchdachte Integration in den Arbeitskontext. Das heisst: Unternehmen müssen Microlearning organisatorisch unterstützen, gezielt planen und sinnvoll im Alltag platzieren, etwa in kurzen Pausen oder direkt anwendbar im Job.
Gute Nuggets sind zudem nicht einfach Infoblöcke, sondern kleine Lernreisen. Sie bauen aufeinander auf, führen durch eine klare Dramaturgie und aktivieren die Lernenden. Mit dem nötigen didaktischen Know-how bereiten Autor:innen Inhalte spannend, relevant und zielgruppengerecht auf. Feedbackmechanismen und Erfolgskontrollen runden das Ganze ab.
Wie siehst du die Zukunft von Microlearning im betrieblichen Kontext, wird Microlearning zum neuen Standard?
Microlearning wird kein alleiniger Standard und das ist auch gut so. Es wird aber ein zentraler Bestandteil moderner Lernstrategien, insbesondere als flexibler Baustein im Mix mit anderen Formaten. Denn die kurzen Lern-Nuggets entlasten den Arbeitsalltag und gerade in Verbindung mit einer Lern-App eröffnen Sie Möglichkeiten, das Lehren und Lernen neu zu denken. Die Kombination passt ideal zum Lernverhalten jüngerer Generationen: kürzere Aufmerksamkeitsspannen, mobile Nutzung, schnelles Abrufen von Wissen. Microlearning ist gekommen, um zu bleiben – als Teil eines grösseren Ganzen.

Jochen Kranzer

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